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13. Juli 2016
Interview mit Yvonne Jahn

Wohnberatungen bieten bundesweit Unterstützung

Interview mit Yvonne Jahn

(dh-abb) Auch im Alter wollen die meisten Menschen in den eigenen vier Wänden leben. Wer wissen möchte, wie bestehende Wohnungen an sich verändernde Bedürfnisse angepasst werden können, findet Hilfe bei speziell ausgebildeten Wohnberatern.

Zu diesem Angebot und über Zuschüsse, zum Beispiel für den Badumbau, haben wir Diplom-Gesundheitswirtin Yvonne Jahn, Vorstandsmitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungsanpassung e.V. – ein Zusammenschluss der Wohnberater und Wohnberatungsstellen in Deutschland – interviewt.

Aktion Barrierefreies Bad: Frau Jahn, was machen Wohnberatungsstellen genau?

Yvonne Jahn: Wohnberatung unterstützt Ältere und Menschen mit Behinderung dabei, ihre Wohnung so auf die eigenen Bedürfnisse anzupassen, dass sie möglichst selbstständig und langfristig dort leben können. Sie berät und informiert darüber, wie durch den Einsatz von technischen Hilfsmitteln, eine veränderte Ausstattung oder bauliche Maßnahmen die Wohnsituation verbessert werden kann. Dazu gehört auch die Beratung zu Finanzierungsmöglichkeiten und die Unterstützung bei der Umsetzung der Maßnahmen.

Zusätzlich informiert Wohnberatung auch über andere geeignete Wohnangebote und Wohnformen sowie weitergehende Beratungs- und Dienstleistungsangebote vor Ort.

In der Regel findet die Beratung zur Wohnungsanpassung nach einem Erstgespräch im Rahmen eines Hausbesuches statt, um die Örtlichkeiten und Wohngewohnheiten kennen zu lernen und darauf abgestimmte Lösungen zu finden.

Wo sind Wohnberatungsstellen zu finden?

Jahn: In fast allen Bundesländern gibt es entsprechende Beratungsangebote. Die jeweiligen Adressen und spezifischen Besonderheiten sind auf unserer Internetseite bundeslandbezogen aufgelistet.

Zusätzlich gibt es in den einzelnen Bundesländern regionale Ansprechpartner, die über die örtlichen Beratungsangebote und bundeslandbezogenen Besonderheiten Auskunft geben.

Darüber hinaus kann auch die bundesweit tätige Online-Wohnberatung des Vereins Barrierefrei Leben weiterhelfen.

Was kostet eine Wohnberatung?

Jahn: Das ist innerhalb der Wohnberatungsstellen sehr unterschiedlich geregelt. Die meisten bieten eine kostenfreie Erstberatung, darüber hinaus können zusätzliche Kosten anfallen. Dies sollte man im Vorfeld bei der zuständigen Beratungsstelle erfragen.

Wer kann um Wohnberatung bitten?

Jahn: Wohnberatung richtet sich in erster Linie an Ältere, aber auch an Menschen mit Behinderung oder Pflegebedürftigkeit. Gleichermaßen sind Wohnberatungsstellen Ansprechpartner für Angehörige, Institutionen und Personen, die eine bestmögliche Unterstützung der Betroffenen gewährleisten wollen.

Gibt es für Personen mit einer Pflegestufe Zuschüsse zum Beispiel für den Badumbau?

Jahn: Die Pflegeversicherung beteiligt sich an den Kosten für einen Umbau der Wohnung oder des Hauses, in der die häusliche Pflege stattfindet. Voraussetzung dafür ist, dass die häusliche Pflege durch den Umbau erst möglich, in erheblichem Maße erleichtert oder  eine selbstständigere Lebensweise des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, können die Kosten für den Umbau von der Pflegekasse mit bis zu 4.000 Euro unterstützt werden. Leben mehrere Pflegebedürftige in einer Wohnung, ist der Gesamtbetrag auf 16.000 Euro begrenzt.

Wenn beide Ehepartner Pflegestufen haben, können sie also 8.000 Euro Zuschuss erhalten?

Jahn: Ja das ist richtig. Es ist für Pflegebedürftige möglich, in einem gemeinsamen Haushalt bis zu 16.000 Euro als Zuschuss für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen zu erhalten. Dabei bleibt bestehen, dass jeder einen individuellen Anspruch von max. 4.000 Euro hat.

Wie ist das Verfahren für den Erhalt des Zuschusses?

Jahn: Grundsätzlich sollte der Zuschuss vor Beginn der Umbaumaßnahme bei der zuständigen Pflegekasse beantragt werden. Die Pflegekassen benötigen hierbei mindestens ein Kostenangebot und für eine Anpassungsmaßnahme in einer Mietwohnung die schriftliche Genehmigung des Vermieters.

Eine ärztliche Verordnung ist nicht erforderlich, aber üblicherweise wird der medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Überprüfung der Notwendigkeit der Maßnahme beauftragt.

Für was genau wird dieser Zuschuss gezahlt, und gibt es etwas zu beachten?

Jahn: Der Zuschuss der Pflegeversicherung wird für bauliche Maßnahmen gewährt, die mit einem wesentlichen Eingriff in die Bausubstanz verbunden sind, wie etwa Türverbreiterungen, Badumbau oder fest installierte Rampen und Treppenlifte. Auch der Ein- und Umbau von Mobiliar, Mehrkosten für Barrierefreiheit bei der Erstellung neuen Wohnraumes und vorbereitende Beratungskosten in Zusammenhang mit einer Maßnahme werden bezuschusst.

Falls Personen noch keine Pflegestufe haben: Was müssen sie tun, um diese zu bekommen?

Jahn: Wenn die eigene Versorgung zu Hause ohne Hilfe nicht mehr klappt, muss geklärt werden, ob eine häusliche Pflege möglich ist. Alle Pflegekassen bieten hierzu eine wohnortnahe fachliche Beratung und Versorgung bei allen Fragen rund um die Pflege an. Hier wird dann auch der Antrag auf Pflegeleistung aufgenommen und durch den medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) überprüft.

Gibt es weitere Zuschüsse?

Jahn: Für die Finanzierung von Wohnungsanpassungsmaßnahmen können neben dem Zuschuss der Pflegeversicherung noch weitere Mittel in Anspruch genommen werden. Die jeweiligen Vorrausetzungen können sich sehr unterschiedlich darstellen. Grundsätzlich muss immer im  Einzelfall geprüft werden, welche Kostenträger in Frage kommen und welche Kombinationen untereinander möglich sind. Auf unserer Internetseite ist eine Finanzierungsübersicht zu finden, und für weiterführende Informationen ist die „Arbeitshilfe zur Finanzierung“ hinterlegt.

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Jahn.

Foto Yvonne Jahn: © Angela Ernst