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Allgemein Barrierefrei Demografischer Wandel Pflegebad Senioren
28. Mai 2025
Unser Foto zeigt ein Bad für demenzkranke Menschen

Sicherheit, Orientierung und Würde im Alltag

Ein Bad für demenzkranke Menschen

(dh/red-abb) In Deutschland leben rund 1,8 Millionen Menschen mit Demenz – Tendenz steigend. Sie benötigen einerseits Badezimmer, die Sicherheit und Orientierung bieten sowie eine möglichst lange selbstständige Nutzung ermöglichen. Andererseits müssen diese den Bedürfnissen von assistierenden Pflegekräften und Angehörigen gerecht werden. Worauf kommt es bei der Planung solcher Bäder besonders an?

Barrierefreiheit als Basis

Für ein Bad, das auf die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz zugeschnitten ist, gelten grundsätzlich die gleichen Anforderungen wie für ein barrierefreies oder pflegegerechtes Bad. Dazu zählen insbesondere Schwellenfreiheit, rutschfeste Böden und ausreichend Bewegungsfläche. Ausführliche Informationen finden Sie in unserem 40-seitigen Ratgeber: „DAS MODERNE BAD: KOMFORTABEL. SICHER. BARRIEREFEI. und in unserer Broschüre „Passende Bad-Lösungen im Vergleich: Altersgerecht. Barrierefrei. Pflegegerecht.“ Beide Publikationen sowie weiteres Informationsmaterial sind hier kostenlos als Download verfügbar. Zusätzlich können gedruckte Ansichtsexemplare ebenfalls gratis bestellt werden.

Jeder demenzkranke Mensch ist anders

Nicht jeder demenzkranke Mensch ist gleich, und der Verlauf der Erkrankung kann sehr unterschiedlich sein. Die Badgestaltung sollte daher möglichst vorausschauend und gleichzeitig individuell auf die Fähigkeiten, Bedürfnisse und Vorlieben der betroffenen Person abgestimmt werden.

Klare Strukturen und Sichtbarkeit der Funktionsbereiche

Grundsätzlich sollte das Bad einfach und übersichtlich strukturiert sein. Unnötige Gegenstände und Unordnung sollten vermieden werden. Eine klare Gliederung der Funktionsbereiche unterstützt die Orientierung und fördert die Selbstständigkeit demenzkranker Menschen.

Kontrastreiche Farben sind in diesem Zusammenhang essenziell: Toilette, Waschbecken und Dusche sollten gut erkennbar sein und sich klar von Wand und Boden abheben. Unterschiedliche Farben, Materialien oder gezielte Beleuchtung können das Zurechtfinden zusätzlich unterstützen.

Orientierung durch Farben, Kontraste und vertraute Gestaltung

Orange, Gelb und Rot werden von Demenzkranken besonders gut wahrgenommen und unterschieden, da diese Farben klar erkannt werden und im Langzeitgedächtnis positiv verankert sind. Als Akzentfarbe eignet sich vor allem Rot zur Kennzeichnung wichtiger Gegenstände oder Bereiche. Aus diesem Grund bieten einige Hersteller beispielsweise Waschbecken mit roten Markierungen sowie entsprechend farbige Ausstattungselemente wie Toilettensitze, Haltegriffe, Duschstangen oder Bedienelemente an.

Für große Flächen wie Wände und Böden empfiehlt sich der Einsatz einfarbiger, heller, freundlicher Farben, da sie eine beruhigende Atmosphäre schaffen und Ängste reduzieren können.

Ein Bad für demenzkranke Menschen. Unser Foto zeigt einen Farbfächer.
Orange, Gelb und angenehme Rottöne vermitteln Wärme, Lebensfreude und Behaglichkeit. Wird Rot als kontrastreiche Akzentfarbe eingesetzt, kann dies die Orientierung erleichtern und die Sicherheit erhöhen. Sie sollte aber nicht dominieren, um eine Überreizung zu vermeiden. Bild: Yanis Ladjouzi / Pixabay

Große, kontrastreiche oder unruhige Muster auf Böden oder Wänden sollten hingegen ebenso vermieden werden, wie dunkle Farben. Sie können bedrohlich wirken oder als Hindernis wahrgenommen werden – so interpretieren Menschen mit Demenz dunkle Bodenfliesen mitunter als gefährliche Tiefe.

Blaue und violette Farbtöne sind ebenso weniger geeignet, da sie von älteren Personen schlechter erkannt werden. Grundsätzlich empfiehlt es sich, die Gestaltung an gewohnten Farben und Strukturen zu orientieren, um Sicherheit und Vertrautheit zu vermitteln.

Matte Oberflächen für mehr Sicherheit

Um irritierende Spiegelungen zu vermeiden, sollten bevorzugt matte Materialien für Sanitärprodukte, Armaturen und Oberflächen verwendet werden. Sie tragen dazu bei, Verwirrung zu vermeiden und die Sicherheit zu erhöhen.

Licht und blendfreie Gestaltung

Gutes Licht ist für Menschen mit Demenz aber auch für Personen mit nachlassender Sehfähigkeit besonders wichtig. Eine helle, gleichmäßige und blendfreie Beleuchtung sorgt dafür, dass alle Bereiche gut zu erkennen sind und keine gefährlichen Schatten oder Blendungen entstehen. Tageslichtähnliche Lichtquellen und eine Kombination aus direktem und indirektem Licht schaffen eine angenehme Atmosphäre. Nachtlichter mit Bewegungsmeldern unterstützen die Orientierung in der Dunkelheit und reduzieren das Sturzrisiko, ohne den nächtlichen Ruhemodus zu beeinträchtigen.

Spiegel: Individuelle Lösungen finden

Nicht jeder demenzkranke Mensch hat Angst vor seinem eigenen Spiegelbild. Es empfiehlt sich, dies auszuprobieren. Sollte der Spiegel irritieren oder Angst auslösen, kann er entfernt oder an einer anderen Stelle angebracht werden, sodass er nicht direkt über dem Waschbecken oder am Eingang hängt.

Empfehlungen für mehr Komfort und Unterstützung

Die folgenden Empfehlungen können zu mehr Komfort und zusätzlicher Unterstützung bei der täglichen Körperpflege von demenzkranken Menschen beitragen.

Höhenverstellbares Waschbecken

Ein höhenverstellbares Waschbecken ermöglicht die Nutzung im Stehen und Sitzen – ideal, wenn das Bad von mehreren Personen mit unterschiedlichen Bedürfnissen genutzt wird oder sich der Krankheitsverlauf verändert. Die komfortabelste Variante ist die elektrische Höhenverstellung per Tastendruck oder Fernbedienung.

Höhenverstellbares WC

Eine höhenverstellbare Toilette, die auch als Aufstehhilfe genutzt werden kann, unterstützt das selbstständige und sichere Hinsetzen und Aufstehen. Sie ist zudem ideal für Haushalte, in denen Personen unterschiedlicher Größe das Bad benutzen. Solche Toiletten funktionieren elektrisch oder mechanisch mittels Gasdruckfeder.

Dusch-WC

Ein Dusch-WC bietet sowohl für die pflegebedürftige Person als auch für die Pflegekraft Vorteile, da es die Intimhygiene erleichtern und das Schamgefühl verringern kann. Weil jedoch jeder demenzkranke Mensch unterschiedlich auf neue Hilfsmittel reagiert und die Akzeptanz auch stark vom Schweregrad der Erkrankung abhängt, empfiehlt es sich, vor der Installation gemeinsam mit einer vertrauten Person sorgfältig zu überlegen, ob ein Dusch-WC als angenehm empfunden wird. Ist dies der Fall, können verschiedene Modelle in Ausstellungen des Sanitärfachhandwerks oder -handels vorab ausprobiert werden.

Unter Umständen kann ein Dusch-WC bzw. WC-Aufsatz von der Krankenkasse bezahlt werden. Hierfür ist eine ärztliche Verordnung (Rezept) erforderlich. Auf dieser muss die Bezeichnung des Hilfsmittels mit Hilfsmittelnummer vermerkt sein. Im Hilfsmittelverzeichnis sind verschiedene WC-Aufsätze mit Wascheinrichtung aufgelistet.

Ein Bad für demenzkranke Menschen: Foto eines Dusch-WC
Ein WC-Aufsatz, wie hier beispielsweise „AquaClean Tuma Comfort“, Hilfsmittelnummer 33.40.05.0025, kann die Reinigung des Anal- und Genitalbereichs erleichtern und ist zur nachträglichen Installation anstelle der vorhandenen Sitzbrille auf einem handelsüblichen Toilettenbecken und Anschluss an die Wasserzuleitung des Spülkastens und das Stromnetz gedacht. Foto: GEBERIT
Relingsystem für die Dusche

Relingsysteme für die Dusche sind multifunktional. Sie können gleichzeitig als Duschstange, als stabiler Haltegriff sowie als Halterung für einen einhängbaren Dusch-Klappsitz dienen.

Geteilte Duschtüren schützen Pflegekräfte vor Nässe

Es gibt Duschtüren, die horizontal geteilt sind. Pflegekräfte, die von außen beim Duschen assistieren, werden so nicht nass.

Schaumduschsystem

Seit Kurzem ist ein neues Duschsystem auf dem Markt, bei dem auf Knopfdruck aus der Handbrause warmer Seifenschaum fließt, der die Haut sanft reinigt und damit die Körperpflege erleichtert. Es ist besonders geeignet für Menschen mit empfindlicher Haut oder eingeschränkter Mobilität. Auch für Pflegekräfte bietet es eine Entlastung, da die Reinigung einfacher erfolgen kann.

Ausreichend Steckdosen

Steckdosen hat man nie genug – vor allem für wichtige, strombetriebene Geräte im Bad, die heute und in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen. Insbesondere sollten Steckdosen für Smart Speaker oder Musikgeräte eingeplant werden. Viele demenzkranke Menschen reagieren positiv auf vertraute Musik. Diese trägt zu einer entspannten Atmosphäre bei. Das ist besonders hilfreich bei der assistierten Körperpflege, die im fortgeschrittenen Stadium oft abgelehnt wird.

An Pflegekräfte denken

Auch die Pflegekräfte – ob professionelle Fachkräfte oder pflegende Angehörige – sollten bei der Badgestaltung im Blick behalten werden, da das Badezimmer ihr täglicher Arbeitsplatz ist. Deshalb ist es wichtig, für sie und auch für technische Hilfsmittel wie Duschstühle oder Gehhilfen ausreichend Platz einzuplanen. Ebenso ist darauf zu achten, dass Hygieneprodukte auf gut erreichbaren Ablagen abgestellt oder in Schubladen griffbereit verstaut werden können. Eine durchdachte Anordnung unterstützt nicht nur die Selbstständigkeit und Diskretion der pflegebedürftigen Person, sondern erleichtert auch den Pflegealltag und sorgt für mehr Komfort aller Beteiligten.

Fazit

Ein demenzgerechtes Bad vereint Barrierefreiheit, Sicherheit, Orientierungshilfen und individuelle Anpassungen. Durch gezielten Einsatz von klaren Strukturen, Farben, Kontrasten, blendfreier Beleuchtung, matten Oberflächen und funktionalen Elementen kann die Selbstständigkeit demenzkranker Menschen gefördert und ihre Lebensqualität verbessert werden. Gleichzeitig profitieren auch Pflegekräfte von einer durchdachten, praxisnahen Gestaltung. So wird das Badezimmer zu einem Ort, der nicht stigmatisiert sondern Geborgenheit, Komfort und Selbstbestimmung bietet – ein Gewinn für alle Beteiligten.

Aufmacherfoto: HEWI


Hilfreiche Links zum Thema:
  • Wegweiser Demenz
    Umfangreiche und informative Seite des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend rund um das Thema Demenz.
  • Nationale Demenzstrategie der Bundesregierung
    Maßnahmenprogramm der Bundesregierung, das die Lebensqualität von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen verbessern soll. Sie fördert Teilhabe, Versorgung und Forschung rund um das Thema Demenz.