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Allgemein Barrierefrei Förderung
12. Mai 2020
Altersgerechte Badezimmer nützen jungen wie alten Menschen

KfW-Programm "Altersgerecht Umbauen"

Studie empfiehlt höhere Förderung

Haushalte mit geringen Einkommen sollten eine höhere Förderung für den altersgerechten Umbau erhalten. So lautet eine Empfehlung der Studie des Instituts für Wohnen und Umwelt (IWU). Im Auftrag der KfW hat sie die Wirksamkeit des Förderprogramms „Altersgerecht Umbauen“ für die Jahre 2014 bis 2018 umfassend untersucht.

Versorgungslücke von 2,4 Millionen altersgerechten Wohnungen

Bereits seit 2017 setzt sich die Aktion Barrierefreies Bad für mehr Geld im KfW-Programm 455-B ein. Denn die Versorgungslücke von barrierefreien bzw. altersgerechten Wohnungen ist enorm: 2,4 Millionen betrage sie laut Berechnungen der IWU-Wissenschaftler aktuell. Die im Auftrag von KfW-Research und dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat angefertigte Studie bestätigt auch die Schlüsselrolle des Badezimmers. Dieses sei zentral für die selbstständige Alltagsbewältigung. Um möglichst lange in den eigenen vier Wänden verbleiben zu können, hätte der Schwerpunkt im Förderprogramm daher auch mit Abstand bei den Umbaumaßnahmen von Sanitärräumen gelegen. Die Kosten hierfür hätten durchschnittlich rund 11.000 Euro betragen.

Grafik: Badezimmer haben oberste Priorität

Weniger Unfälle durch barrierereduzierte Wohnungen

Die wichtigste Zielgruppe für barrierereduzierten Wohnraum seien Menschen mit Mobilitätseinschränkungen. Zum Jahresende 2018 lebten diese laut Studie in etwa drei Millionen Haushalten. Barrieren in der Wohnung seien für diese Personen nicht nur eine Alltagserschwernis, sondern auch ein ernsthaftes Gesundheitsrisiko. Denn häusliche Unfälle verursachten häufig schwere Verletzungen, Pflegebedürftigkeit oder gar Todesfälle. Nach Aussage des Statistischen Bundesamtes starben 11.000 Personen im Jahr 2017 durch häusliche Unfälle. Die Sterberate der Senioren ab 75 Jahre betrug dabei sage und schreibe 82 Prozent.

Nur 560.000 altersgerechte Wohnungen in Deutschland

Der Evaluation zufolge seien in den Jahren 2014 bis 2018 der Umbau von insgesamt rund 190.000 Wohnungen mit Zuschüssen und Krediten gefördert worden. Dies entspreche einem Fördervolumen von 1,8 Milliarden Euro.

Grafik zeigt mit Krediten/Zuschüssen und insgesamt altersgerecht umgebaute Wohnungen.

Nichts desto trotz seien insgesamt nur 560.000 Wohnungen in Deutschland altersgerecht. Dies ergab eine im Rahmen der Evaluationsstudie vorgenommene repräsentative Schätzung auf Basis des Mikrozensus 2018. Umgerechnet seien das gerade mal 1,5 Prozent des Wohnungsbestands. Prekär ist außerdem die Feststellung, dass aktuell lediglich vier Prozent der 1,3 Millionen pflegebedürftigen Haushalte in einer barrierearmen Wohnung verortet seien.

Grafik zeigt Anteile von ausgewählten Aspekten der Barrierereduktion in der Wohnung nach ausgewählten Haushaltstypen im Mikrozensus 2018.
Quelle: IWU – Darstellung auf Grundlage einer Sonderauswertung des Mikrozensus 2018.
Gründe für die Versorgungslücke

Woher kommt aber das große Defizit an barrierearmem Wohnraum? Dem Bedarf stünden begrenzte finanzielle Mittel gegenüber, so IWU. Denn lange nicht alle Haushalte verfügten über Eigenmittel, um benötigte Umbauten auch durchzuführen. Zusätzlich spielten Informationsdefizite z.B. hinsichtlich Nutzen, Möglichkeiten und Kosten der Barrierereduzierung eine Rolle. Als weiteres Hemmnis werden in der Studie geringe Investitionsanreize bei vermietetem Wohnraum angesehen. Investitionen in Barrierefreiheitsmerkmale erhöhten kaum die erzielbare Miete. Und der vielerorts bestehende Wohnraummangel verschärfe das Problem noch. Für Mieter wurden als Hürden der nicht sicher abzusehende langfristige Verbleib in der Wohnung sowie Kosten ausgemacht.

Förderprogramm spart Kosten – dem Einzelnen und der Gesellschaft

Der Politik sind die Notwendigkeit der Schaffung von barrierefreiem bzw. -reduziertem Wohnraum sowie die gleichzeitig bestehenden Hemmnisse seit Jahren bekannt. Abgesehen davon, dass die große Mehrheit der Menschen im Falle einer Pflegebedürftigkeit die häusliche Pflege vorzieht, spart die Vermeidung einer Heimunterbringung dem Staat auch erhebliche Kosten. Folgerichtig legten KfW und Bundesregierung bereits 2009 das Förderprogramm „Altersgerecht Umbauen“ auf. Laut der jetzt vorgelegten Evaluation dieses Programms lägen die geschätzten jährlichen Entlastungen durch die geförderten Umbaumaßnahmen bei ca. 110 Millionen Euro.

Langfristige Verstetigung des Förderprogramms notwendig

Zusammenfassend kommt die Studie zu dem Schluss, dass das Förderprogramm effektiv und nach wie vor erforderlich sei, um zusätzliche Investitionsanreize zu schaffen. Außerdem ermögliche es Umbaumaßnahmen, die eine eigenständige Lebensführung erleichtern, häusliche Unfälle verhindern und die Lebensqualität insgesamt verbessern. Vor diesem Hintergrund sehen die Autoren die langfristige Verstetigung des Förderprogramms für notwendig an und halten eine Ausweitung für grundsätzlich sinnvoll. Sie untermauern damit die von der Aktion Barrierefreies Bad bereits im Jahr 2017 unterstützte Forderung von Sanitärwirtschaft und Handwerk, den Zuschuss zu erhöhen.

Alter und Einkommen spielen eine wichtige Rolle

Anhand der Förderzahlen folgern die Verfasser der Evaluation, dass der Zuschuss umso häufiger in Anspruch genommen werde, je älter die Antragsteller bzw. je geringer ihre Einkommen seien. Und er werde insbesondere verwendet, um gezielt die notwendigen und finanziell möglichen Einzelmaßnahmen durchzuführen. Je komplexer und teurer die geplanten Umbaumaßnahmen seien, desto häufiger werde der Kredit beantragt.

Grafik zeigt den Anteil der Zuschussempfänger an geförderten Privathaushalten nach Alter und Haushaltsnettoeinkommen (in Prozent).

Nachzulesen ist in der Studie aber auch, dass – einer Befragung zufolge – die Förderung immerhin für rund 13 Prozent der Haushalte mit mindestens einem Kind unter 18 Jahren genutzt worden sei.

Bedeutung der Förderung wird zunehmen

Mit Blick in die Zukunft sagen die Wissenschaftler eine ungünstige Verschiebung des Verhältnisses zwischen Bedarf und finanziellen Möglichkeiten der Haushalte voraus. Denn einerseits erhöhe die schnelle Alterung den Bedarf der Bevölkerung. Andererseits verursache die wahrscheinlich zunehmende Altersarmut Finanzierungsengpässe bei zentralen Zielgruppen, wie den Senioren. Damit nehme die Relevanz der Förderung altersgerechter Umbaumaßnahmen eindeutig zu.

Stärkere Unterstützung für Haushalte mit geringem Einkommen gefordert

In der insgesamt 207 Seiten umfassenden Evaluation wird auch auf die Corona-Pandemie eingegangen. Diese werde bei vielen Haushalten zu erheblichen Einkommens- und Vermögenseinbußen führen. Gleichzeitig dürften die Isolation in der eigenen Wohnung und die Einschränkungen des öffentlichen Lebens vielen Menschen die Bedeutung barrierereduzierten Wohnraums für eine eigenständige Lebensführung eindrücklich vor Augen geführt haben. Diese Aspekte könnten die Nachfrage nach barrierereduziertem Wohnraum spürbar steigern. Haushalte mit geringen Einkommen müssten in Anbetracht dessen noch stärker als bisher beim altersgerechten Umbau unterstützt werden. Z.B. durch höhere Zuschussbeträge oder die Einführung eines Tilgungszuschusses im Kreditprogramm.

Die vollständige Evaluationsstudie des Instituts Wohnen und Umwelt finden Sie hier, die Kurzfassung können Sie hier einsehen.