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Allgemein Barrierefrei Förderung ISH KfW Pflegebad
31. März 2023

ISH 2023 in Frankfurt

War Barrierefreiheit ein Messethema?

(dh/red-abb) Inklusion und Teilhabe – von Politik und Gesellschaft gefordert, wird sie immer breiter umgesetzt. Ein aktuelles Beispiel ist Elin, die neue im Rollstuhl sitzende Puppe der Sesamstraße. Barrierefreiheit ist für Nutzer von Rollstühlen essenziell. Nützlich ist sie aber grundsätzlich für alle Menschen – mit und ohne Handicap. Auch auf der vom 13. bis 17. März in Frankfurt stattgefundenen Messe ISH 2023 war in den Hallen für das Badezimmer die Barrierefreiheit Thema.

Doch wie präsent war diese Thematik bei Ausstellern und Veranstaltungen? Gab es innovative Produkte oder neue Ideen?

Start des KfW-Programms „Altersgerecht Umbauen“ im 2. Quartal

Am ersten Messetag gab es direkt eine gute Nachricht: Die Fördermittel für das KfW-Programm „Altersgerecht Umbauen“ – auf die viele Bauherren händeringend warten – sollen im 2. Quartal endlich abrufbar sein. Das kündigte Bundesbauministerin Klara Geywitz am 13. März in Frankfurt an. Sie eröffnete dort die ISH 2023, Weltleitmesse für Wasser, Wärme, Klima. Insgesamt 75 Millionen Euro sind für dieses beliebte Programm im Bundeshaushalt 2023 vorgesehen.

War Barrierefreiheit ein Messethema? Fotocollage von der Eröffnung der ISH mit Bundesbauministerin Geywitz
Bundesbauministerin Geywitz eröffnete am 13. März die ISH 2023 Weltleitmesse für Wasser, Wärme, Klima, in Frankfurt a.M. Fotocollage: ZVSHK
Aktion Barrierefreies Bad vor Ort präsent

Die ganze Messewoche über war die Aktion Barrierefreies Bad mit ihren Mitarbeitern vor Ort und sah sich in den Hallen um. Aber nicht nur das. Neben dem Beratungsangebot in der Waterlounge der VDS, Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft e.V., beteiligte sich die Initiative auch im Diskussionsforum Pop up my Bathroom Atelier. Als „Hotspot Water“ war die Plattform für Wissenstransfer und Inspiration mit Vorträgen und Diskussionsrunden integraler Bestandteil des Rahmenprogramms der ISH 2023.

Vorträge und Talk zum Thema Barrierefreiheit

Die Referentin der Aktion Barrierefreies Bad, Daniela Heinemann, erläuterte in ihrem Vortrag, wie der Umbau zu barrierefreien und zugleich schicken Bädern gelingen kann. Darüber hinaus moderierte sie einen Talk zum Thema Barrierefreiheit. Die hochkarätigen Gäste waren Dipl.-Ing. Architektin Tanja Buß, Leiterin der Geschäftsfelder bfb barrierefrei bauen und Architektur der Mediengruppe Rudolf Müller in Köln (s. Foto, 2.v.l.), Martin Schäpermeier, Koordinator technische Trainings bei KALDEWEI in Ahlen (s. Fotos, r.), und Markus Heberle, Projektleiter Wohnberatung LONGLEIF LIVING PLUS im Landkreis Garmisch-Partenkirchen und Vorstandsmitglied der BAG Wohnungsanpassung e.V. (s. Foto, 2.v.r.).

War Barrierefreiheit ein Messethema? Gesprächsrunde zum Thema Barrierefreiheit.
Ein barrierefreies Bad muss wohnlich aussehen und darf nicht stigmatisieren, so die übereinstimmende Meinung der Talkteilnehmer. Foto: Ingrid Heister

Einig waren sich die Diskussionsteilnehmer darin, dass ein barrierefreies Bad gewinnbringend für Nutzer jeder Altersklasse ist. Neben den planerischen Ansätzen standen aber auch die Themen Zuschüsse sowie die kostenlosen Beratungs- und Unterstützungsangebote der Wohnberatungen im Mittelpunkt der Gesprächsrunde. Martin Schäpermeier war neben dem Talk auch mit dem Vortrag „Von 8 bis achtzig: barrierefreie Bäder planen und bauen“ im Pop up my Bathroom Atelier beteiligt.

Pflegebad – Badgestaltung für die ambulante Pflege

Als Kooperationspartner war die Aktion Barrierefreies Bad auch auf dem Stand des ZVSHK, Zentralverband Sanitär Heizung Klima, zum Thema Pflegebad vertreten.

War Barrierefreiheit ein Messethema? Foto vom ZVSHK-Stand zum Thema Pflegebad.
Dass sich ein pflegegerechtes Bad auch auf rund 5 Quadratmetern realisieren lässt, beeindruckte viele Besucher. Foto: Messe Frankfurt GmbH / Pietro Sutera

Dort wurden pflegegerechte Bäder, die zugleich barrierefrei sind, mittels Virtual- und Augmented Reality gezeigt. Der Besucher konnte digitale Planungsbeispiele mit konkreten Herstellerprodukten für pflegegerechte Bäder sowie auch im Nachgang per QR-Code abrufen. Neben diesen konkreten Konzepten für kleine Schlauch- und Quadratbäder wurde zudem eine Idee vorgestellt, wie im Notfall eine Gästetoilette zu einem Pflegebereich mit Waschbecken, Toilette und Dusche umgebaut werden kann. Dieser Entwurf wurde auch wieder mit Bewegungssimulationen anschaulich präsentiert. Gesucht werden jetzt Hersteller, die sich an einer Umsetzung dieses Konzepts beteiligen möchten.

Produkt Award „Badkomfort für Generationen“
War Barrierefreiheit ein Messethema? Gruppenbild von der Preisverleihung des ZVSHK-Awards.
Der Juryvorsitzende Mathias Knigge (r.) übergab gemeinsam mit anderen Repräsentanten die begehrten Trophaen und Urkunden des ZVSHK-Awards an die Vertreter der fünf gleichberechtigt als Sieger des Wettbewerbes gekürten Unternehmen. Foto: Daniela Heinemann

Der ZVSHK zeichnete auf der ISH 2023 auch die Gewinner seines Produkt-Wettbewerbs „Badkomfort für Generationen“ aus. Eine sechsköpfige Expertenjury – unter ihnen der ehemalige Bremer Oberbürgermeister Henning Scherf, aber auch Vertreter aus Architektur, Design, Planung und Handwerk – kürten aus 28 nominierten Produkten diese fünf gleichberechtigten Gewinnerprodukte:

1: Oberflächenbeschichtung „BetteAntirutsch Sense“ von Bette

BetteAntirutsch Sense ist eine neuartige Oberflächenbehandlung für höchste Rutschsicherheit mit ganz besonderen Eigenschaften: Der rutschhemmende Effekt auf glasiertem Titan-Stahl entsteht nämlich nur, wenn der Druck des Körpergewichts und Wasser zusammenkommen. Die schützende, rutschhemmende Wirkung tritt also genau dann ein, wenn sie gebraucht wird, also wenn die Standfläche von Badewanne oder Dusche oder die Füße nass und seifig sind. Die Jury überzeugte besonders, dass bei trockener Oberfläche und trockenen Füßen keine zusätzliche Rutschhemmung erforderlich ist, da die Haftung hier hoch genug ist.

Oberflächenbeschichtung „BetteAntirutsch Sense“.
Foto: Bette

2. Waschtischarmatur „HANSACARE“ von HANSA

Die spezielle Variante der HANSACARE Waschtischarmatur in Kombination mit der kompakten Funktionsbrause zur flexiblen Wasserentnahme vermittelt ein neues Komfortgefühl. Sie ist äußerst praktisch für die unkomplizierte Körperreinigung am Waschtisch, z. B. zum Haare waschen. Auch bei der Pflege anderer Personen kann die Funktionsbrause eine große Unterstützung sein und ist zum Befüllen von Gefäßen ebenfalls hervorragend geeignet.

War Barrierefreiheit ein Messethema? Eine Dame, die auf dem Rollator sitzt, bekommt von einer anderen Person vor dem Waschbecken die Haare gewaschen.
Waschtischarmatur „Hansacare“. Foto: Hansa

3. WC-Spülung „TECEflushpoint“ von TECE

Beim Betätigen der WC-Spülung gibt es unterschiedliche Bedürfnisse, die je nach Lebenslage oder Vorliebe variieren können. Die Jury überzeugte, dass es für bewegungseingeschränkte Menschen über eine Distanz von 1,7m möglich ist, die WC-Spülung seitlich an der Wand und ohne Stromanschluss auszulösen.

War Barrierefreiheit ein Messethema? Foto von einer Toilette mit der Fernauslösung an der seitlichen Wand.
WC-Spülung „TECEflushpoint“. Foto: TECE

4. Duschwandmodul „wedi Sanwell“ von WEDI

Mit dem wedi Sanwell Duschwandmodul ist eine schnelle Umsetzung von Umbaumaßnahmen möglich, da das Modul in verschiedensten Raumkonzepten als Rückwandinstallation oder als freistehende Trennwand zum Einsatz kommen kann. Alle Wasserleitungen und -anschlüsse sowie das Unterputzsystem Hansgrohe iBox für den Anschluss von verschiedenen Armaturen und Brausenfertigsets sind werkseitig integriert. Die Jury überzeugt die hohe praktische Qualität, die leichte Einbaubarkeit und kostengünstige Möglichkeiten zur individuellen Konfiguration. So lassen sich altersgerechte Bäder sehr viel schneller realisieren.

War Barrierefreiheit ein Messethema? Bei einer Duschkabine mit dem Duschwandmodul von Wedi.
Duschwandmodul „wedi Sanwell“. Foto: Wedi

5. Pflegedusche „ODER Eckeinstieg Nr. 4“ von PUK Duschkabinen

Diese Lösung bietet sowohl den auf Hilfe angewiesenen Personen, als auch den Personen ohne Einschränkungen die größtmögliche Flexibilität. Nicht nur lassen die Türen beim Öffnen einen entsprechend breiten Eintrittsbereich frei, die nicht benötigten Türen können platzsparend an die Wand gefaltet werden. Dadurch kann die Dusche auch in kleinen Bädern verwendet werden.

War Barrierefreiheit ein Messethema? Foto der Pflegedusche.
Pflegedusche „ODER Eckeinstieg Nr. 4“.
Foto: PUK

Zu den Medienpartnern des Design-Wettbewerbs „Badkomfort für Generationen“ gehört u.a. die VDS. Der ZVSHK-Produkt-Award wurde vom Kompetenznetzwerk „Design für Alle – Deutschland e.V. (EDAD)“ begleitet, dessen Vorsitzender Mathias Knigge auch der Vorsitzende der Expertenjury war.

Fazit: Zufriedene Besucher und Aussteller

Die Mitarbeiter der Aktion Barrierefreies Bad erlebten bei ihren Rundgängen volle Messehallen. Dieser Eindruck wurde durch die offizielle Zahl von 153.734 Besuchern aus 154 Ländern bestätigt. Aussteller wie Besucher waren nach vier Jahren pandemiebedingter Pause sehr erfreut, endlich wieder persönlich in Kontakt treten und sich über die neuesten Entwicklungen austauschen zu können. Reine Online-Veranstaltungen ersetzen eben doch nicht das Erlebnis einer physikalischen Messe, war unisono von beiden Seiten zu hören.

War Barrierefreiheit ein Messethema? Viele Besucher sind in der Messehalle zu sehen.
2025 Aussteller aus 54 Ländern nutzten das gesamte Frankfurter Messegelände und zeigten die neuesten Entwicklungen für den Wärmemarkt, Kälte-, Klima- und Lüftungstechnik, intelligente Haus- und Gebäudeautomation sowie nachhaltige Badgestaltung, modernes Baddesign und innovative Installationstechnik.
Foto: Messe Frankfurt GmbH / Pietro Sutera
Thema Barrierefreiheit muss noch sichtbarer werden

In einem Punkt war Daniela Heinemann aber doch enttäuscht. Trotz des demografischen Wandels und der Tatsache, dass nur 1,5 Prozent der Wohnungen in Deutschland altersgerecht sind, gab es bei den Ausstellern unter dem Label „Barrierefrei“ quasi keine Präsentationen oder Produktinnovationen. Manche namhafte Hersteller hatten ihre Teilnahme sogar abgesagt.

Auch wenn die auf der Messe vertretenen Hersteller ihre Produkte nicht unter dem Label „Barrierefrei“ präsentierten, heißt es nicht, dass keine da waren. Im Gegenteil. Bodenebene Duschflächen beispielsweise gehören inzwischen zum Standardrepertoire. Auch viele Waschtische, Armaturen und Toiletten, oftmals in matt und in tollen Farben passen hervorragend ins barrierefreie Bad. Heinemann sagt dazu: „Ich verstehe nur nicht, warum die Hersteller diese Eigenschaften nicht explizit benennen bzw. bewerben. Der Begriff ‚barrierefrei‘ ist doch kein Makel sondern eine Auszeichnung und ein Qualitätskriterium. Schließlich bietet ein barrierefreies Badezimmer Komfort und Sicherheit für Jung und Alt. Es ist höchste Zeit, dass sich alle in der Sanitärbranche dieses Themas annehmen, es sichtbar machen und schöne sowie zweckmäßige Lösungen anbieten.“

War Barrierefreiheit ein Messethema? Waschtischarmaturen in verschiedenen Farben.
Viele Hersteller bewiesen Mut zur Farbe. Foto: Messe Frankfurt GmbH / Pietro Sutera
Alterung der Gesellschaft erfordert rasches Handeln

Durch die zunehmende Alterung wird laut Statistischem Bundesamt die Zahl der Personen im Rentenalter (ab 67 Jahren) bis Mitte der 2030er Jahre um etwa 4 Millionen auf mindestens 20 Millionen steigen. Und auch die Zahl der pflegebedürftigen Menschen steigt rasant. Bis 2055 wird sie von 5 Millionen (Ende 2021) um 37 % bzw. 1,8 Millionen auf 6,8 Millionen ansteigen. Dieses Wachstum entspricht der Einwohnerzahl Hamburgs.

„Für ein möglichst langes selbstständiges Leben in den eigenen vier Wänden ist ein barrierefreies oder altersgerechtes Bad eine absolute Notwendigkeit. Es liegt auch in der gesellschaftlichen Verantwortung unserer Branche, dem enormen Bedarf an solchen Bädern entgegenzukommen“, fordert auch Jens J. Wischmann, Geschäftsführer der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft e.V. und Sprecher der Aktion Barrierefreies Bad.

Heinemann ergänzt: „Wir haben im Diskussionsforum Pop up my Bathroom Atelier sehr interessante Vorträge beispielsweise zu den Themen Farben und Licht erlebt. All diese Faktoren gelten genauso für das barrierefreie Bad. Ihre Berücksichtigung ist aus Akzeptanzgründen auch und gerade für diese Bäder immens wichtig. Ich freue mich, dass viele Besucher starkes Interesse an diesen Themen gezeigt haben und hoffe, dass diese Wohlfühlkomponenten mehr als bisher beim Bau von barrierefreien Bädern eine Rolle spielen werden. Denn auch solche können ein ‚Emotional Bathroom‘ sein, einer der Trends, die in der Erlebniswelt Bad auf der Messe ISH 2023 vorgestellt wurden.“


Unser Aufmacherfoto zeigt Elin, die neue siebenjährige Bewohnerin der Sesamstraße. NDR Programmdirektor Frank Beckmann: „Jetzt wird auch die Puppenwelt etwas inklusiver. Elin ist mutig und schnell im Kopf. Unterwegs ist sie mit ihrem Rollstuhl. Er ist für Elin ein Hilfsmittel, das zu ihrem Alltag einfach dazugehört“.

Foto: NDR / www.ARD-Foto.de