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Allgemein Barrierefrei Generationengerecht Praxisbeispiele
30. November 2021
Farben und Kontraste richtig einsetzen: Sogar für die Dusche gibt es unübersehbare Farb-Highlights in Form von lackierten Bodenrosten.

Wohlgefühl mit den Lieblingstönen

Farben und Kontraste richtig einsetzen

(dh-red/abb) Der Herbst ist da und die Natur präsentiert sich leuchtend bunt. Doch welche Farben eignen sich für die Inneneinrichtung? Antworten auf die Fragen nach der Bedeutung und dem sinnvollen Einsatz von Farben gibt unser Artikel. Außerdem informiert er über die wichtige Rolle der Kontraste im barrierefreien Bad.

„Bunt ist meine Lieblingsfarbe“, sagte Walter Gropius. Allerdings kannte der Bauhaus-Gründer auch die richtigen Rezepte, um Farben in der Innenarchitektur gezielt einzusetzen. Die Entscheidung für entspanntes nordisches Hellblau oder aber anregendes Rot beispielsweise wirkt sich in jedem Fall auf das Wohn- und damit Wohlgefühl aus. Nicht zuletzt deshalb sind im Umgang mit Farben einige Regeln zu beachten, die ebenfalls für das Bad gelten. So werden Möbel, Dusche oder die Wanne, die im Badezimmer bislang eine Nebenrolle spielten, vor einer neu im Leuchtton gestrichenen Wand plötzlich zum Hauptdarsteller.

Wohlbefinden, Orientierung, Sicherheit

Farben und Hell-Dunkel-Kontraste sind insbesondere im barrierefreien Bad wichtige Planungsgrundlagen. Sorgen sie neben dem Wohlbefinden doch auch für Orientierung und Sicherheit. Eine farb- und kontrastreiche Gestaltung in Kombination mit viel Licht empfiehlt sich nicht nur dann, wenn die Sehfähigkeit durch Alter bzw. Augenkrankheiten beeinträchtigt ist oder eine Demenz besteht. Der Farbforscher Prof. Dr. Axel Buether vertritt die Auffassung, dass die Farbgestaltung bei einem Um- oder Neubau von Beginn an eine zentrale Rolle spielen sollte. Das Farbkonzept dürfe dabei nicht nur Decke und Wand, sondern auch Sanitärobjekte, Möbel, Boden, Tür, Fenster und das Licht miteinschließen.

Kontraste fürs barrierefreie Bad

Hell-Dunkel-Kontraste entstehen – wie der Name schon vermuten lässt – durch Platzierung einer hellen Farbe neben einer dunkleren. Gegenstände oder Abgrenzungen lassen sich so viel besser wahrnehmen. Wenn nämlich beispielsweise weiße Sanitärobjekte vor weißer Wand und wohlmöglich auch noch weißem Boden optisch ineinander verschwimmen, haben es sehbehinderte Menschen schwer, z.B. die Toilette zu finden.

Visuelle Barrierefreiheit

Die DIN 18040, die sich mit barrierefreiem Bauen beschäftigt, fordert daher auch, dass sich Ausstattungselemente wie Waschbecken, WC, Badewanne, Haltegriffe oder Haken von der Wand bzw. ihrem Hintergrund durch auffällige Kontraste abheben. Als Beispiele für diese visuelle Barrierefreiheit nennt die Norm einen hellen Waschtisch vor einem dunklen Hintergrund oder kontrastierende Umrahmungen. Auch müssen sich Wand und Boden voneinander abheben.

Farben und Kontraste richtig einsetzen: Kräftige Farben funktionieren in luftigen Zimmern auch großflächig. In kleinen Räumen ist hingegen Vorsicht geboten.
Kräftige Farben funktionieren in luftigen Zimmern auch großflächig. In kleinen Räumen ist hingegen Vorsicht geboten. Perfekt ist auf dem Bild der Einsatz von Hell-Dunkel-Kontrasten gelungen: Dem dominanten Rot wurde mit einer guten Dosis Weiß bei Sanitärobjekten und Boden begegnet. Foto: Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS) / ©Villeroy & Boch
Ausreichende Kontraste

Aber woher weiß der private Bauherr, ob der gewählte Kontrast zweier Farbflächen zueinander ausreichend ist, wenn es sich nicht gerade um weiß und schwarz handelt? In unserem Online-Glossar beschreiben wir drei verschiedene Möglichkeiten, dies herauszufinden. Wenn es sich um die Gestaltung barrierefreier Bäder handelt, sollten zudem keine hochglänzenden Fliesen eingesetzt werden. Zur Vermeidung von Spiegelungen und Blendungen sind matte Ausführungen die bessere Wahl für Wand und Boden.

Individuelle Farbvorlieben

Welche Farben sich für die Gestaltung der Wohnung bzw. des Bades am besten eignen ist grundsätzlich Geschmackssache. Denn Farbvorlieben und Farbgewohnheiten sind unterschiedlich und ganz individuell. Sie entstehen durch die Farben, die man als Kind wahrgenommen hat, weil man beispielsweise in den Bergen oder am Meer aufgewachsen ist. Hinzu kommen die Einflüsse des Lebens: Kontakte mit anderen Kulturen, eigene Interessen oder der Konsum bestimmter Medien. Farbvorlieben entstehen also aus der jeweils persönlichen „Farbbiografie“ und können im Laufe des Lebens auch wechseln.

Farben wirken auf Körper und Geist

Unabhängig davon hat die Forschung herausgefunden, dass Farben unterschiedliche Wirkungen auf uns Menschen haben. Und wir sehen Farben nicht nur, sondern unser Körper nimmt sie auch über lichtempfindliche Hautsensoren wahr. Seine Reaktion darauf spielt sich im Unterbewusstsein ab und beruht auf Erfahrungen, die sich über Jahrtausende hinweg manifestiert haben.

Buether: „Dadurch, dass Farben auf unseren körperlichen und emotionalen Zustand wirken, haben sie auch Auswirkungen auf unser Wohlbefinden.“ Sie haben sowohl positiven als auch negativen Einfluss auf Hormonhaushalt, Stoffwechsel, Atmung, Verdauung, Appetit, Stimmung und Motivation. „Damit ist klar, dass Farben sehr stark und direkt auf unsere Gesundheit wirken“, so der Farb-Wissenschaftler.

Beeinflussung der Raumwahrnehmung

Neben dem bedeutenden Einfluss von Farben auf unsere Gefühle, lassen sie sich auch für optische Täuschungen einsetzen. Helle Farben erzeugen bei der Raumproportion beispielsweise Weite. Dunklere Wände mit hellerer Decke strecken den Raum nach oben, dunklere Stirnwände machen den Raum kürzer und können dem Charakter von Schlauchbädern entgegenwirken.

Farben erleichtern die Orientierung

Darüber hinaus können Farben und Kontraste auch zielgerichtet als Hilfestellung im Alltag eingesetzt werden: Farblich unterschiedliche Gestaltungen machen Übergänge zwischen Boden und Wand, Wandvorsprünge und Stützen sichtbar und verbessern die räumliche Orientierung. Auch bei Menschen mit dementieller Erkrankung spielt die Farbgestaltung eine wichtige Rolle: Nutzungsbereiche lassen sich durch verschiedene Farbtöne voneinander abgrenzen und wiedererkennen; ebenso kann das Erinnerungsvermögen in Verbindung mit Formen und Platzierungen unterstützt werden.

Kontrastreiche Gestaltung ohne Mehrkosten

Zugegeben, für den privaten Bauherren gibt es keinerlei Verpflichtung, bei Neu- oder Umbau eines Bades auf visuelle Barrierefreiheit durch den Einsatz von Hell-Dunkel-Kontrasten zu achten. Und selbst manche Fachleute aus der Baubranche haben von visueller Barrierefreiheit, dem Hellbezugswert oder einem Leuchtdichtekontrast leider noch nie etwas gehört. Doch in Anbetracht dessen, dass nach Angaben des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes (DBSV) in Deutschland geschätzt rund 155.000 blinde und etwa eine halbe Million sehbehinderte Menschen leben, ist es wichtig, auch auf diesen Punkt zu achten.

Hinzu kommt, dass diese Zahlen im Zuge des demografischen Wandels noch deutlich steigen werden. Weil sich die Sehleistung mit zunehmendem Alter einerseits drastisch verschlechtert und ein 70-Jähriger andererseits dreimal so viel Licht benötigt wie ein 20-Jähriger.

Und ganz nebenbei profitieren von einer kontrastreichen Gestaltung – die üblicherweise keine Mehrkosten produziert – immer alle Menschen.

Farben und Kontraste richtig einsetzen: Modernes Farbcocktail. Wichtig ist, dass sich Farben wiederholen - so wie hier Haare und Zahnputzbecher jeweils in Orange. Für Hell-Dunkel-Kontraste sorgt das modulare Aufbewahrungssystem, erhältlich in Mattweiß und Mattschwarz.
Modernes Farbcocktail. Wichtig ist, dass sich Farben wiederholen – so wie hier Haare und Zahnputzbecher jeweils in Orange. Für Hell-Dunkel-Kontraste sorgt auch das modulare Aufbewahrungssystem, erhältlich in Mattweiß und Mattschwarz. Foto: Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS) / ©Hansgrohe
Zusammenfassung

Um das passende Farbkonzept für sein individuelles Wohlfühlbad zu erstellen, sollten folgende Faktoren berücksichtigt werden:

  • Individuelle Farbvorlieben
  • Wirkung von Farben und Materialien
  • Berücksichtigung der Raumgeometrie und Gegenstände im Raum
  • Richtige Kombination von Hell-Dunkel-Kontrasten
Tipps

Wer sich unsicher ist, was farblich zusammenpasst, könnte sich beispielsweise von den Farbtönen eines Lieblingsbildes oder -gemäldes leiten lassen. Gute Orientierung bietet zudem die Natur: Die Farben der Lieblingsblumen im Garten, des Sommers am Meer oder der Wanderung im Wald. Und plötzlich geht vieles, was einem vorher als unmöglich erschien.

Inspiration kann sich der Bauherr aber auch bei namhaften Farbherstellern holen. Diese präsentieren auf ihren Webseiten zueinander passende Farben, sogenannte „Farbwelten“. Grundsätzlich sollten sich Farben wiederholen aber nicht mehr als 3 unterschiedliche eingesetzt werden. Bei Farbnuancen sind auch mehr möglich.

Die Farbe Beige ist im Moment aktuell und für die Neuplanung eines Badezimmers bildet sie die ideale Grundlage. Farbige Kontraste lassen sich auch durch Accessoires setzen. Hierzu gehören Rollos, Handtücher, Bilder, Kerzen sowie Blumen und Pflanzen. Der Vorteil hierbei ist, dass man diese Akzente mit geringem Aufwand schnell wieder ändern kann.

Apropos Veränderung: Mit weniger Fliesen und mehr verputzten Wänden kann man dem Bad auch leicht einen neuen Anstrich mit aktuellen Wohlfühlfarben verleihen.


Aufmacherfoto:
Bunt war die Lieblingsfarbe von Bauhaus-Gründer Walter Gropius. Im modernen Badezimmer gibt es jetzt sogar für die Dusche unübersehbare Farb-Highlights in Form von lackierten Bodenrosten.
Foto: Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS) / ©Dallmer